Interview mit Michael Elsener
Michael Elsener will, dass wieder mehr Menschen abstimmen und wählen. Weil die Vorlagen meist trocken und komplex daherkommen, zeigt er uns auf witzige Art, wie die Dinge zusammenhängen. Mit seiner interaktiven Polit-Comedy-Show «ALLES WIRD GUT» kommt er am 30. August ans Vierzgerfäscht in Wettswil. Dank seinen Parodien von Amherd über Badran bis Parmelin hilft er uns, die aktuellen politischen Verrücktheiten mit viel Lachen zu verdauen. So, dass irgendwann alles wieder gut wird. Oder zumindest für einen Abend. – Im Interview erzählt uns der Zuger, warum der Auftritt in Wettswil so viel auslöst bei ihm.
«Ich improvisiere jede Show mit dem Publikum neu»
Ihr erster grosser öffentlicher Auftritt ausserhalb des Kantons Zug fand in Bonstetten statt. Welche Erinnerungen haben Sie an diesen besonderen Moment?
Ich war unglaublich nervös. Weil ich habe vor ganz vielen Jahren mein allererstes 90-minütiges Solo-Programm als Tryout-Vorstellung in Bonstetten gespielt. Rückblickend muss ich sagen: Ich hatte keine Ahnung, wie das genau läuft auf der Bühne. Ich habe es einfach gemacht. Doch ich bin ich sehr froh, dass ich da blauäugig drauflosgegangen bin. Weil wenn man sich zuviele Gedanken macht, stellt man sich nicht einfach 90 Minuten vor einen Saal voller Leute und zeigt ein Programm von dem man keine Ahnung hat, ob es funktioniert. Und sagen wir so: Dieser Abend in Bonstetten war sehr lehrreich für mich. (lacht)
Ihr aktuelles Programm ‘’Alles wird gut’’ war letztes Jahr so erfolgreich, dass Sie die Tour nun verlängert haben. Was macht dieses Programm so besonders und was können die Zuschauer:innen erwarten?
«Alles wird gut» ist eine interaktive Polit-Comedy-Show. Ich habe natürlich ganz viele Parodien und Stand Ups in petto, doch ich kombiniere diese in jeder Show mit vielen Improvisationen mit dem Publikum. Dieses Unmittelbare zieht das Publikum und mich jeweils total in den Bann. Denn wir wissen beide nicht, was als nächstes passiert. Dank dieser Offenheit, dass ich meine Show jeden Abend auf neue Art denke, ist es meine bisher beste Show geworden. Und das sagt nicht meine Mutter, das sage ich. Und wer mich etwas kennt weiss: Ich bin einer meiner härtesten Kritiker.
Sie treten an der Comedy Night beim Vierzgerfäscht in Wettswil auf. Was haben Sie für dieses spezielle Event geplant? Gibt es besondere Überraschungen oder Highlights?
Ich werde das Publikum in Wettswil als erstes fragen: «Welches sind eure grössten Probleme hier?» Und dann geht es los. Wir werden uns anschauen, wie wir gemeinsam auf leichte und kreative Art Dinge vor Ort verändern können. Nach jeder Show bleibt am jeweiligen Ort etwas hängen: Wenn sie nicht schon selber mit im Saal sitzen,
schicke ich den lokalen Regierungen nach jeder Show einen Brief mit den Wünschen aus dem Publikum. Am einen Ort wird dann diskutiert, die Eintritte in die Badi abzuschaffen, am anderen Ort wird neu ein Raclette-Essen von der
Gemeinde organisiert, an einem anderen Ort nimmt eine Tram-Linie wieder ihren Betrieb auf. Ich bin echt gespannt, was in Wettswil passieren wird.
Woher nehmen Sie die Inspiration für Ihre Shows und Charaktere? Gibt es bestimmte Personen oder Ereignisse, die Sie besonders inspirieren?
Ich gehe durchs Leben wie ein Schwamm. Ich sauge alles auf. Wenn ich ein neues Programm schreibe, dann presse ich den Schwamm aus. Aber ehrlich gesagt presse ich diesen Schwamm jeden Abend vor den Leuten aus. Weil ich eine interaktive Polit-Comedy-Show mache, passe ich meine Show laufend an die Aktualität an. Beat Jans wird gewählt, Ignazio Cassis kommuniziert, dass er keine Zeitungen mehr liest, das kommt alles gleich am selben Abend in die Show rein.
Wie entwickeln Sie neue Inhalte? Gibt es bestimmte Methoden, Alltäglichkeiten oder Ereignisse in humorvolle Sketche zu verwandeln?
Wenn ich mich informiere und finde, diese Argumentation eines Politikers scheint mir jetzt logisch nicht aufzugehen, dann habe ich möglicherweise bereits die Zündung für eine neue Nummer. Bis die Nummer dann wirklich steht, dauert es noch ein Weilchen. Aber ich schreibe immer gleichzeitig an mehreren Entwürfen. Ich säe quasi mein Comedy-Gewächshaus an mit vielen kleinen Beeten. So ist immer mal wieder etwas ready für die Ernte.
Woher stammt Ihr Interesse an der Politik?
Es ist mehr eine Charaktereigenschaft. Ich möchte gerne mitbestimmen, wie sich unsere Gesellschaft entwickelt. Klar, mein Einflussbereich ist sehr beschränkt. Doch mich einfach bei Freund:innen beklagen, wie schlimm ich alles finde, das ist für mich kein Weg. Darum gehe ich den Dingen auf den Grund, die gerade abgehen und versuche rauszufinden, wo ich einen Unterschied machen kann. Indem ich die Zusammenhänge und Absurditäten, die mir auffallen, auf witzige Art präsentiere. So, dass es andere Menschen auch erfahren oder meine Sketche einfach zum Lachen, also als Ventil nutzen können.
Wie sind Sie zur Comedy gekommen und wann haben Sie ihr Talent entdeckt?
Ich habe an der Talent-Show an der Kanti Zug meinen ersten Stand-Up präsentiert. Da habe ich den Rektor parodiert und Witze gemacht über die unglaublich komplizierte Schulbürokratie. Das hat mir den Jury- und den Publikumspreis gebracht und obendrauf eine Riesen-Motivation, diesen Weg, auch wenn´s mal wirklich schwierig war, weiterzuverfolgen.
Am Vierzgerfäscht in Wettswil haben Sie den ersten Auftritt ihrer verlängerten Tournee. Was bedeutet es für Sie, dieses neue Kapitel ausgerechnet an der Quelle ihrer Karriere zu beginnen?
Es war echt ein schöner, spezieller Moment, als ich die Anfrage aus Wettswil bekam. Ich finde es ausserdem ein unglaublich nobler Brauch, dass alle, die 40 werden, dieses Wochenende organisieren. Sich freiwillig zu engagieren für unsere Gemeinschaft, etwas für alle auf die Beine zu stellen, ist etwas, was ich extrem unterstützenswert finde. Darum war es für mich sofort klar, dass ich nach Wettswil komme.
Gibt es einen besonderen Auftritt oder ein Erlebnis, an das Sie sich gerne erinnern? Was hat diesen Moment so unvergesslich gemacht?
Das klingt jetzt vielleicht kitschig, aber ich stehe immer noch vor jeder Vorstellung hinter dem Vorhang, lausche den Geräuschen des Publikums und bin jeweils echt berührt, dass so viele in eine meiner Shows kommen.
Was war die größte Herausforderung in Ihrer Karriere bisher, und wie haben Sie diese gemeistert?
«Die grösste Herausforderung …» Ich denke jeweils nicht so absolut. Ich möchte, dass wieder mehr von uns abstimmen gehen. Dass wieder mehr von uns darüber debattieren, wie wir in Zukunft zusammenleben wollen. Wenn ich dann vor Abstimmungen Videos poste, in denen ich auf witzige Art die aktuelle Vorlage zusammenfasse, da bekomme ich immer mal wieder Anfeindungen zu spüren. Das ist ab und an schwierig auszuhalten und auch schwierig nachzuvollziehen, weil ich sage jeweils klar: Ihr müsst nicht meiner Meinung sein. Ich möchte eine Debatte anstossen. Und vor allem: Dass wir über die Absurditäten unseres Lebens lachen können.